Sicherung und Ausbau der freien
Kultur
in Marburg wie weiter?
Marburg verfügt über eine vielfältige, lebendige
und kreative freie, nichtkommerzielle Kulturszene, die in der
Interessengemeinschaft freie Kulturarbeit (IGFK) zusammengeschlossen
ist.
Nicht nur die IGFK geht davon aus, dass es für eine universitär
geprägte Stadt wie Marburg unverzichtbar ist, ein entsprechendes
Kulturangebot zu gewährleisten, gilt doch Kultur u.a. als wichtiges
Kriterium für die Wahl des Studienortes. Soll der Rückgang
der Studierendenzahl an der Philipps-Universität gestoppt werden,
muss auch die Marburger Kulturpolitik aktiv werden.
Seit Jahren bekundet die Stadt ihren Willen, die freie Kultur in
ihrer Substanz zu erhalten und sogar auszubauen. Die für
die strukturelle Absicherung der freien Kulturträger notwendige
materielle Förderung hierfür reicht jedoch nicht aus.
Am Beispiel KFZ, dessen Bestand in räumlicher und personeller
Hinsicht derartig prekär ist, dass selbst eine Schließung
des Kulturzentrums seitens der BetreiberInnen nicht ausgeschlossen
wird, wurde dies in letzter Zeit offenkundig. Vor derselben Problemlage
stehen zur Zeit auch andere Initiativen und Vereine.
Mit dem 'Kulturprofil 2005' (dem Marburger Kulturentwicklungsplan)
erhoffte sich die IGFK eine Stärkung aller Kulturangebote in
Marburg sowie eine finanzielle und damit auch personelle Planungssicherheit
für die freien Kulturinitiativen. Die im 'Kulturprofil 2005'
formulierte Zielsetzung, den Anteil der Kulturförderung schrittweise
auf 5% des städtischen Haushaltes zu erhöhen, hätte
eine langfristige Existenzsicherung der freien Kulturprojekte ermöglichen
können.
Bis 2005 sollte die 5%-Marke laut Rot/Grüner Koalitionsvereinbarung
erreicht werden. Eine Betrachtung des Haushalts 2005 spricht jedoch
eine andere Sprache: 100.000 Euro Kürzung bei insgesamt nur
ca. 3% für den gesamten Kulturbereich. Alle bisher mit Regelzuschüssen
unterstützten freien Kulturträger sind von den Kürzungen
betroffen. Hinzu kommt, dass schon in den vergangenen Jahren umfangreiche
Maßnahmen zur Einsparung von Finanzmitteln im Bereich der
freien Kultur ergriffen wurden:
Drastische Einsparungen bei den Investitionszuschüssen
Kürzungen bei den Projektzuschüssen
Streichung der Zuschüsse für besondere Veranstaltungsreihen
und Festivals
Darüber hinaus wurde der hoffnungsvolle Ansatz, die personelle
Situation der freien Kulturarbeit in Marburg durch Zuschüsse
der Stadt für bezahlte Stellen auf ABM/SAM-Basis zu sichern,
abgeschafft. Die ohnehin prekäre Personalsituation der
freien Kulturinitiativen wird durch die Umsetzung der Hartz-IV-Maßnahmen
zusätzlich gefährdet. Fördermaßnahmen in Form
von ABM/ SAM, mit denen viele Projekte in der freien Kulturszene
personell umgesetzt werden konnten, werden auf ein Minimum zurückgefahren.
Wenn überhaupt werden diese ABM/ SAM zu Bedingungen genehmigt,
die weder für die betreffende Person noch für den Träger
halbwegs attraktiv und sinnvoll sein können. Dass die Stadt
diese Entwicklung zum Anlass nimmt, sich aus dem Stellenpoolprojekt
und dessen Finanzierung komplett zurückzuziehen und stattdessen
vorschlägt, die entstehenden personellen Lücken durch
sogenannte '1-Euro-Jobs' zu stopfen, ist indiskutabel. Abgesehen
davon, dass '1-Euro-Jobs' in ihrer Brisanz innerhalb der IGFK politisch
höchst umstritten sind, braucht eine freie Kulturszene Kontinuität,
um sich entwickeln zu können. Diese Kontinuität ist mit
'1-Euro-Jobs' (die auf 6-9 Monate befristet sind) nicht zu gewährleisten,
schon gar nicht auf einem qualitativ hochwertigen Niveau. Nicht
zuletzt erfordern stetig wachsende bürokratische Aufgaben eine
qualifizierte, professionelle Verwaltung. Die freien Kulturträger
allein können die hierfür nötigen finanziellen Mittel
nicht aufbringen. Wenn die Stadt Marburg die freie Kulturszene
erhalten und ausbauen will, dann kommt sie um eine entsprechende
Förderung nicht herum.
Seit der Verabschiedung des 'Kulturprofils 2005' hat es einige
positive Entwicklungen gegeben, an die angeknüpft werden kann.
Zunächst ist hier die räumliche Absicherung der Existenz
des Café Trauma im Rahmen des neuen Kulturzentrums G-Werk
zu nennen. Daneben leisteten u.a. der ABM/SAM-Stellenpool und das
im Jahr 2000 durchgeführte Qualifizierungsprojekt 'Kulturmanagement'
zukunftsweisende Beiträge zum Erhalt und zur Weiterentwicklung
der freien Kulturszene in Marburg.
Der zukünftige Oberbürgermeister Egon Vaupel hat mit seinem
Interview im Express mit der Aussage, für das kommende Jahr
ca. 100 bis 150 tausend Euro mehr im Kulturbereich zu investieren
den richtigen Weg eingeschlagen. Gerade im freien Kulturbereich,
der von den Besucherzahlen her ganz weit vorne liegt, wird es Zeit,
diesen auch seiner Bedeutung für die Stadt entsprechend zu
fördern.
Auch die am 3.3. im KFZ durch die Veranstaltung des Forums Kunst
und Kultur der Sozialdemokratie in Hessen angestoßene Debatte
um eine entsprechende Landesförderung für Soziokulturelle
Zentren weist für die Stadt Marburg eine Richtung der Förderung
von Soziokultur, die stärker und verlässlicher sein muss
und von allen öffentlichen Händen getragen.
Für die Sicherung, Stärkung und Weiterentwicklung der
freien Kultur in Marburg ist es aus Sicht der IGFK unerlässlich,
dass
Kurzfristig:
existenzsichernde Zuschüsse zur Verfügung gestellt
und
räumliche Entwicklungsperspektiven für KFZ und
Waggonhalle gefunden werden
Langfristig:
durch Anhebung des Kulturetats auf 5% des Gesamthaushaltes
alle Kulturträger in Marburg ihre Arbeit fortsetzen können
und zusätzliche Planungssicherheit gewinnen, damit die Vielfalt
der Marburger Kulturlandschaft erhalten bleibt.
Wir schlagen ein Resumee des Kulturprofils 2005 aller Kulturschaffender
im Kulturforum vor und wünschen uns eine Debatte mit allen
politischen Parteien über die Zukunft der Marburger Kulturpolitik.
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