Kulturwirtschaft
und KFZ
Die Kulturwirtschaft in Hessen macht mit ca. 19 Mrd.€ mehr
Umsatz als die Chemie oder die Kfz- Branche. Solche Zahlen kann
man in den mittlerweile drei bislang erschienen Hessischen Kulturwirtschaftsberichten
nachlesen.
Wie sieht ganz konkret das KFZ mit seinen Zahlen und wirtschaftlichen
Erträgen aus?
Betrachtet man die Zahlen des Betriebs "KFZ" aus dem
Jahr 2008 schaut man auf einen Umsatz von ca. 600.000 €. Diese
Einnahmen wurden zu einem knappen Drittel (195.000 €) aus Zuschüssen,
vor allem der Stadt Marburg, zum wesentlich geringeren Teil seitens
des Landes Hessen oder aus Mitteln des Bundes für z.B. unsere
Zivis erbracht. Gut zwei Drittel erwirtschafteten wir selbst, vor
allem aus Veranstaltungseinnahmen (245.000 €), Thekeneinnahmen
(114.000 €), Werbeeinnahmen (17.000 €), Spenden/Sponsoring
(15.000 €) und Sonstiges 13.000 €. Würde es die Anschubfinanzierung
von Seiten der Kommune nicht geben, wäre das KFZ in seiner
jetzigen Form nicht denkbar. Auch die o. g. Umsätze wären
ohne die Förderung nicht gemacht worden, denn die Personalfinanzierung
wäre ohne diese Mittel nicht zu tätigen. Das KFZ funktioniert
auf diesem Level des Kulturangebotes aber nur mit den hauptamtlichen
Kräften, die den Background für alle möglichen und
unmöglichen Dinge liefern mit dem Ergebnis, dass jährlich
ca. 40.000 Besucherinnen und Besucher unser Programm genießen
können. Für eine Kulturinstitution sind ca. 70% Eigenerwirtschaftung
eine sehr hohe Summe. Ein Beispiel: Eine der größten
öffentlich geförderten Kultureinrichtungen in Hessen ist
das Staatstheater in Kassel mit ca. 2 % Eigenerwirtschaftung jährlich.
Was hat die Allgemeinheit über das exzellente Kulturprogramm
hinaus in wirtschaftlicher Hinsicht von dieser Kulturförderung?
Wer profitiert von den Ausgaben? Was haben diese für eine regionale
Wirkung?
Mit der größten Summe schlagen 8 Teilzeitbeschäftigte,
die sich im heimischen Raum angesiedelt haben, mit 183.000 €
Kosten incl. Arbeitgebersozialabgaben zu Buche. Damit ergeben sich
für diese Menschen in Marburg berufliche und private Perspektiven,
die zum Bleiben ausreichen. An den Beschäftigten hängen
aber auch - wie immer unterschiedlich - Familien mit Kindern dran,
was wiederum, Kindergärten, Lehrerstellen usw. nach sich zieht.
Natürlich wird der gezahlte Nettolohn in Höhe von 110.000
€ für alle 8 zusammen (die unterdurchschnittliche Bezahlung
ist auf einen Blick erkennbar) zum Großteil hier vor Ort ausgegeben
und stärkt damit den Handel und die hiesigen Strukturen. Ob
Lebensmittel, Strom, Telefon, Miete, Kleidung, etc., alles Dinge
die vor Ort konsumiert werden und in anderen Bereichen zu Umsätzen
und Geschäft führen. Der Sold für die Zivis und die
Technikbetreuung unserer Veranstaltungen usw. schlagen mit weiteren
ca. 25.000 € zu Buche. Allein diese Beträge im Lohnbereich,
die zusammengenommen 213.000 € ausmachen, könnten schon
die Investition der öffentlichen Hand in unser Kulturprogramm
auch wirtschaftlich rechtfertigen. Zusätzlich tragen wir unseren
Teil dazu bei, Marburgs Attraktivität für die Bevölkerung
aber auch für Touristen zu stärken.
Im Zeitalter von Internetticketing köännen wir nachvollziehen
wie viele Besucher unser Programm von außen wahrnehmen und
den Weg nach Marburg wegen des Kulturprogramms finden. Das reicht
für unsere Veranstaltungen im KFZ von Miltenberg bis Göttingen,
von Paderborn bis Limburg, aber in der Stadthalle - z.B. bei Hagen
Rether - von Hamburg bis Nürnberg. Was dieser von außerhalb
kommende Besucherkreis noch zusätzlich an der Tankstelle, beim
Dönerladen oder in einem Marburger Restaurant ausgibt, entzieht
sich unserer Kenntnis, dürfte aber bei Anreisenden mit längeren
Fahrten selbstverständlich hinzukommen.
Betrachtet man das KFZ aus übergeordneter Sicht: Die Sozialabgaben
die das KFZ an die Sozialkassen abführt belaufen sich auf ca.
60.000 €, die Lohnsteuer, die der Staat einnimmt beläuft
sich auf weitere 13.000 € und die Künstlersozialkasse
bekommt ca. 5.000 € pro Jahr.
Würden die acht Teilzeitkräfte keinen Job haben und entweder
nicht hier leben oder aber von Hartz IV leben müssen, würde
dies geschätzt eine direkte Transferleistung von ca. 60.000
€ nach sich ziehen, Krankenkassen/Sozialversicherungsbeiträge
oder Kinder nicht einbezogen.
Bleiben wir noch bei denen, die direkt Geld aus dem öffentlich
finanzierten Kulturangebot ziehen, den Künstlern. Die
bei uns auftretenden Künstler bekommen Gagen und leben teilweise
hauptberuflich davon. Auch wenn diese ihr Geld gerade bei internationalen
Künstlern selbstverständlich nicht vor Ort ausgeben, handelt
es sich natürlich um die beste Künstlerförderung
überhaupt, wenn diese Auftritts- und Verdienstmöglichkeiten
bekommen. Die direkten Kosten an die Künstler/Gagen die im
KFZ 2008 bezahlt wurden belaufen sich auf rund 160.000 € im
Betrachtungszeitraum.
Die Nebenkosten wie Hotel, Technikmiete, Catering usw. betragen
72.000 €, die direkt in die heimische Wirtschaft fließen.
Als größte weitere Posten sind der Getränkeeinkauf
von ca. 40.000 € und Werbungs-/Druckkosten von ca. 21.000 zu
nennen wie weitere ca. 90.000 € (Hauskosten, Betriebsausstattung,
Auto usw.) die ebenfalls im heimischen Raum bleiben.
Zusammengefasst: Aus den 195.000 € öffentlicher Förderung
sind mit Eigenleistungen des KFZ Teams, dazu gehören auch viele
viele unbezahlte ehrenamtliche Arbeitsstunden, 600.000 € Jahresumsatz
geworden. Dieser fließt mit 373.000€ in Gagen, Löhne,
Sold, Sozialversicherung und Lohnsteuer. Der heimischen Wirtschaft
direkt zugute kommen ein Großteil der 110.000 € Nettolöhne
und weitere Umsätze durch das KFZ von 223.000 €.
Die öffentliche Förderung unseres Kulturzentrums - deren
Begründung selbstverständlich in der Kulturpolitik zu
suchen ist - bedeutet eine auch im wirtschaftlichen Bereich nachvollziehbare
Stärkung der regionalen Wirtschaft. Auch wenn die wirtschaftliche
Begründung in unserem Falle nicht die sein muss, die politische
Entscheidungen prägt, die kulturpolitische Entscheidung hat
wirtschaftliche Bedeutung. Die Konzeption, wirtschaftlicher ausgedrückt
die Geschäftsidee des KFZ und vieler anderer Kulturzentren
aus dieser Zeit ist aufgegriffen worden und hat sich bundesweit
mit fast 500 Mitgliedseinrichtungen in der Bundesvereinigung Soziokultureller
Zentren verstetigt.
Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
führte zusammen mit der Hessen Agentur Anfang November eine
Auftaktveranstaltung zur Erweiterung des Netzwerks "Kulturwirtschaft
und Stadtentwicklung" in Marburg durch. Mit der Workshopreihe
"Kulturwirtschaft fördern - Stadt entwickeln"
wurde 2007 der Grundstein für das Netzwerk "Kulturwirtschaft
und Stadtentwicklung" gelegt. Dieses Netzwerk wird nun
weiter ausgebaut. Am 3. November 2009 erhielten die bisher aktiven
sechs Städte Gelegenheit, ihre weiterentwickelten Projekte
vorzustellen, gleichzeitig wurde ein fachlicher Input durch verschiedene
Experten gegeben. Abschließend berichteten weitere interessierte
Kommunen über erste Aktivitäten und Ansatzpunkte zum Thema
Kultur- und Kreativwirtschaft und Stadtentwicklung. Mit welchem
Engagement dabei auch recht kleine Gemeinden sich der Kulturwirtschaft
bedienen, um z.B. Leerstand in den teils mittelalterlichen Stadtkernen
zu bekämpfen, ist erstaunlich. Für Marburg berichtete
Kulturamtsleiter Dr. Richard Laufner, dass zwei kulturpolitische
Schwerpunkte auf der politischen Agenda stehen. Das Waggonghallengelände
und der Ausbau der Stadthalle, der mit der Entwicklung eines neuen
städtischen Mittelpunktes durch die Zusammenlegung der Geisteswissenschaften
um den botanischen Garten zur Campusuniversität neue Bedeutung
zukommt.
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